Für freie öffentliche und digitale Räume

Für freie öffentliche und digitale Räume

Das Kollektiv Raumstation hinterfragt und durchbricht herrschende Machtstrukturen in urbanen Räumen – und bei der digitalen Zusammenarbeit

Kollektiv Raumstation ist eine interdisziplinäre Plattform für Menschen, die sich mit öffentlichem Raum vornehmlich in der Stadt, aber auch auf dem Land beschäftigen. Die Raumstation ist offen und basisdemokratisch als Kollektiv organisiert, und wurde 2013 als studentische Initiative in Weimar gegründet. Bis heute sind Raumstationen in Wien und Berlin hinzugekommen, in Zürich bildet sich gerade ein weiterer Satellit.

Die Raumstation erforscht öffentlichen Raum mit experimentellen Raumerkundungsmethoden, hinterfragt herrschende Machtsysteme und versucht diese durch künstlerische Interventionen zu durchbrechen. Dabei ist für das Kollektiv klar, dass diese machtkritische Herangehensweise genauso für den digitalen wie für den analogen Raum gilt.

Inka Kuik, Mitglied des Kollektivs, erklärt das so: “In unserer Arbeit geht es ja um Machtstrukturen im städtischen Raum. Da ist die logische Konsequenz, dass das auch im digitalen Raum gilt – und wir da auch Machtstrukturen hinterfragen. Indem wir eben nicht Zoom benutzen oder Slack oder Google Drive. Stattdessen arbeiten wir mit Programmen, die auf Open Source aufbauen und können uns so den Machtstrukturen entziehen.”
Foto: Daniel Lucas Faró

Diese Denkweise zieht sich in der Arbeit des Kollektivs durch. Privatsphäre und Datensicherheit sind ihnen wichtig. Die Raumstation verfügt über eine eigene Cloud und nutzt den Server einer befreundeten Initiative in Weimar. Die Kommunikation erfolgt seit letztem Jahr über Mattermost, das wöchentliche Plenum wird über BigBlueButton abgehalten. Wenn ein neues Tool eingeführt wird, wird versucht, alle Mitglieder mitzunehmen. So wurde zum Beispiel der Umzug von Slack zu Mattermost in einer gemeinsamen Plenumssitzung vollzogen.

“Über die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Städten war das Kollektiv Raumstation bezüglich digitaler Tools und Zusammenarbeit auch vor der Pandemie schon ziemlich gut aufgestellt”,

erinnert sich Inka Kuik. Ihre Form der Zusammenarbeit gleiche ohnehin eher einem Netzwerk. So konnten wichtige Strukturen schon aufgebaut werden, auf die dann zurückgegriffen werden konnte, als die Kontaktbeschränkungen eingeführt wurden.

Ganz reibungslos läuft die digitale Zusammenarbeit dennoch nicht immer ab. Der Grund dafür ist meist instabiles Internet, wenn sich zum Beispiel zehn Personen wöchentlich im Plenum treffen. “Es ist so absurd, dass wir alle auf digitales Arbeiten angewiesen sind und die Basisinfrastruktur, das Internet, nicht richtig funktioniert”, sagt Inka Kuik. Sie fügt hinzu: “Wenn man ehrenamtliche Arbeit leistet und dann mit zusammenbrechendem Internet zu tun hat, ist das einfach sehr frustrierend.” Sie ist mittlerweile dazu übergegangen, sich ab und zu per Telefon in die Videokonferenzen einzuwählen, ganz das Wahre sei diese Lösung jedoch auch nicht.

Trotz dieser Herausforderungen erkennt Inka Kuik auch Chancen durch die veränderte Form der Kollektivarbeit in der Pandemie. Klar sei es schade, dass man sich nun nicht mehr in den nach langer Suche gefundenen Räumlichkeiten am Standort Berlin treffen könne. Gleichzeitig ermöglichen die digitalen Treffen es aber auch Menschen daran teilzunehmen, die das sonst zum Beispiel aus räumlichen oder zeitlichen Gründen nicht könnten. Die Plena laufen jetzt schneller und effizienter ab, schließlich möchte niemand mehr an sehr langen Online-Treffen nach einem vollen Arbeitstag teilnehmen.

Überhaupt war das Kollektiv im letzten Jahr sehr aktiv. Das jährlich stattfindende “Recht auf Stadt”-Forum konnte spontan in den digitalen Raum verlegt werden, im Sommer organisierten die Standorte Wien, Berlin und Zürich außerdem gemeinsam eine Forschung mit Ausstellung zum Thema Nachbarschaft. Die Ausstellung konnte in Wien eröffnet werden, allerdings leider in Abwesenheit der Raumstation-Mitglieder aus Deutschland. Wenige Tage zuvor war Österreich zum Risikogebiet erklärt worden und die Einreise nicht mehr möglich.

Alles in allem ist Inka Kuik zufrieden, weist aber auf das große Glück hin, dass die Raumstation mit der guten Beziehung zur Initiative Maschinenraum in Weimar hat. So können sie bei Fragen zu digitalen Tools nicht nur Wissen, sondern auch Infrastrukturen teilen. “Das alles von Null aufzubauen, stelle ich mir schon sehr herausfordernd vor”, sagt sie und macht klar, wie wichtig die Vernetzung zwischen zivilgesellschaftlichen Initiativen auch für die digitale Zusammenarbeit ist.